Eine falsche Bewegung, ein Fehltritt, ein langer Lauf – und schon ist sie da: die ISG-Blockade. Die gute Nachricht: Sie sind nicht allein damit. Verletzungen und Beschwerden des Bewegungsapparats sind bei Triathleten häufig und etwa die Hälfte aller Langdistanztriathleten hat sich schon mindestens einmal verletzt. Rückenbeschwerden, die auch das Iliosakral-Gelenk (ISG) betreffen können, machen etwa zehn Prozent davon aus.
Eine willkürliche Bewegung dieses Gelenks ist nicht möglich und sein Bewegungsumfang ist sehr klein; der Fachbegriff für ein solches Gelenk lautet „Amphiarthrose“. Wie andere Gelenke auch besitzt das ISG einen Gelenkspalt und von Knorpel überzogene Gelenkflächen. Bei Stürzen, ruckartigen Bewegungen, Drehbewegungen oder beim Heben schwerer Lasten kann es zu einer Verrenkung des Iliosakral-Gelenks kommen. Manchmalreicht es aber auch schon aus, eine Treppenstufe zu verfehlen oder zu stolpern. Entsprechend häufig sind ISG-Blockaden: Etwa 70 Prozent der deutschen Bevölkerung war schon mindestens einmal im Leben davon betroffen.
Sensible Sportler
Meistens äußert sich eine ISG-Blockade als lokaler Schmerz, der in die unterschiedlichsten Richtungen ausstrahlen kann. Verstört wird dieser Schmerz meistens durch eine Außenrotation oder Beugung im Hüftgelenk. Bei Beschwerden im Hüft-Lenden-Becken-Bereich sollte das ISG immer auf seine Funktion hin kontrolliert werden. Objektiv feststellen, ob eine Blockade vorliegt, kann normalerweise nur ein geschulter Untersucher, also ein Orthopäde oder Physiotherapeut. Anderseits spürt ein Sportler häufig auch selbst, dass er eine ISG-Blockade hat, wenn er in der Vergangenheit schon einmal darunter gelitten hat. Der bekannteste Tests ist der „Vorlauf-Test“. Der Untersucher legt dabei seine Daumen links und rechts auf die am unteren Rücken tastbaren oberen Darmbeinstachel (Spina iliaca posterior superior). Wenn der Patient dann im Stehen mit gestreckten Beinen den Oberkörper nach vorn beugt, wandert bei blockiertem ISG der entsprechende Daumen weiter nach vorn. Ein weiterer Hinweis auf eine ISG-Blockade kann auch eine neu festgestellte Beinlängendifferenz sein. Manualtherapeutisch erfahrende Ärzte, Physiotherapeuten oder Osteopathen können ein blockiertes ISG meist mit wenigen Handgriffen wieder lösen. Alternativ oder ergänzend ist auch eine lokale Injektion häufig hilfreich. Das gilt besonders bei schweren Blockierungen und Patienten mit chronisch entzündlichen Beschwerden im ISG-Bereich. Am wichtigsten ist jedoch die Lösung der Blockade, bei Bedarf eine gute Schmerztherapie und muskelentspannende Maßnahmen wie lokale Wärme. Gerade Sportler können eine ISG-Blockade häufig durch Eigenmobilisierung selbst beseitigen. Wer oft unter einem verkanteten ISG leidet, stellt sich sicher die Frage, ob wiederholtes Mobilisieren nicht auf Dauer schädlich ist. Dies kann man nicht genau beantworten. Fest steht aber, dass ein blockiertes Gelenk kurz-, mittel- und langfristig Beschwerden hervorrufen kann. Im Kasten finden Sie verschiedene Techniken, wie das ISG wieder mobilisiert werden kann – auch von Ihnen selbst.
Schonend starten
Nach einer akuten Blockade sollte man das Training schonend wieder aufnehmen und nicht direkt mit maximaler Belastung beginnen. Ansonsten kann die Verkantung schnell wiederkehren. Die wichtigsten Maßnahmen zu Prävention ist eine kräftige und gleichzeitig bewegliche Rumpf- und Beckenmuskulatur. Die therapeutischen Übungen zur Lösung der Blockade (siehe Kasten) können auch regelmäßig ins Training integriert werden. Noch ein Tipp: Nicht zuletzt erhöhen gestörte Bewegungsmuster beim Schwimmen, Radfahren oder Laufen und auch im Alltag die Wahrscheinlichkeit einer ISG-Blockade. Auch an dieser Stelle verweise ich deshalb auf die verschiedenen Bewegungsanalysen, die in den vorherigen Ausgaben dieser Zeitschrift beschrieben wurden (Functional Movement Screen in tt46, Y-Balance-Test in tt49). Besteht eine anatomische Beinlängendifferenz, die ebenfalls oft zu ISG-Blockaden führt, ist es sinnvoll, diese mit einer individuellen Einlage auszugleichen. Und allgemein gilt: Da besonders die untere Extremitäten beim Triathlon gefordert werden, sollte zur Vorbeugung auch eine regelmäßige Mobilisation der Faszien an Beinen und Rücken erfolgen. Dafür bieten sich spezielle Massagerollen und Bälle an, die im Fachhandel erhältlich sind.
Blockade lösen: So kann das ISG mobilisiert werden
Technik 1
Ausgangsposition: Der Sportler liegt mit ausgestreckten Beinen und den Armen seitlich im 90-Grad-Winkel ausgestreckt auf dem Rücken, die Handflächen zeigen nach oben. Bewegungsablauf: Die geschlossenen Beine werden gestreckt zügig nach links und rechts abgelegt, sodass Beine und Becken in eine Schwingung geraten. Als Steigerung ist es möglich, die Knie anzuwinkeln, die Füße aufzusetzen und die geschlossenen Knie seitlich abzulegen.Variante: Bevor die gestreckten Beine geschlossen links und rechts abgelegt werden, kann man das ISG zusätzlich mobilisieren, indem man die Fersen abwechselnd über den Boden nach vorn schiebt und so das Becken von oben betrachtet im Wechsel seitlich abkippt.
Technik 2
Ausgangsposition: Der Sportler kniet im Vierfüßerstand auf einer Bank oder einem Tisch und stützt sich mit beiden Händen und gestreckten Armen darauf ab. Der Fuß der betroffenen Seite wird auf das kniende Sprunggelenk gelegt, sodass das Knie frei in der Luft schwebt. Bewegungsablauf: Das frei schwebende Becken wird in Richtung Decke angehoben und das Knie dann Richtung Boden fallen gelassen (knien Sie sich daher direkt an die Kante der Bank oder des Tisches, damit sich das Knie über die Tischkante nach unten bewegen kann). Dieses plötzliche Loslassen und das lockere Herabsinken des Kniegelenks reichen oft aus, um die Blockade zu lösen.
Technik 3
Ausgangsposition: Der Sportler liegt mit ausgestreckten Beinen und den Armen seitlich im 90-Grad-Winkel ausgestreckt auf dem Rücken, die Handflächen zeigen nach oben. Bewegungsablauf: Zur Mobilisierung des rechten ISG wird das rechte Bein in Hüfte und Kniegelenk jeweils 90 Grad abgewinkelt. Die linke Hand zieht dann das rechte Knie nach links Richtung Boden. Der rechte Arm bleibt komplett auch mit der Schulter (!) auf dem Boden. Der Kopf dreht sich nach rechts. So entsteht eine „auswringende“ Bewegung für die Wirbelsäule,deren oberes Ende sich jetzt nach rechts dreht, während das untere Ende nach links gezogen wird. Der Sportler konzentriert sich darauf, tief und regelmäßig in den Bauch zu atmen. Variante: Um den Bewegungsablauf noch effektiver zu gestalten, nutzen Orthopäden und Physiotherapeuten die Technik der „post-isometrischen Relaxation“ (PIR). Dabei drückt das rechte Knie in der Endposition für fünf bis zehn Sekunden mit leichtem Druck gegen die linke Hand. Die linke Hand hält dagegen, sodass sich das Bein nicht bewegt und die Muskellänge konstant bleibt (isometrisch). Anschließend wird die Hüftmuskulatur wieder mindestens 30 Sekunden lang gedehnt und man nutzt den Umstand, dass die kurzfristige isometrische Anspannung die Spannung (Tonus) in der Muskulatur senkt.
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